Relevanz von Diversity und Inklusion
Vorteile verschiedener Persönlichkeitsmerkmale
Diversity, zu Deutsch Vielfalt, hat unsere Gesellschaft und damit auch die Berufswelt im Sturm erobert. Während viele bei Diversity an Merkmale wie den kulturellen Hintergrund, Geschlecht, Alter, Religion oder die sexuelle Orientierung denken, umfasst der Diversity-Begriff zusätzlich kognitive Fähigkeiten, Persönlichkeits- und auch körperliche Merkmale. Vor allem in der Berufswelt spielen die verschiedenen Persönlichkeiten, das Mindset sowie vielerlei Talente, Erfahrungen und Fähigkeiten eine große Rolle (Workable, o. J.). Wir wissen bereits, dass es verschiedene Persönlichkeitsmerkmale gibt, die Menschen ausmachen und Grund dafür sind, warum Menschen diskutieren. Wenn man immer nur mit Ja-Sagern interagieren würde, könnte man nicht von den vielfältigen Lösungsansätzen und Ideen profitieren, die unsere Gesellschaft vorangebracht haben. Die Berufswelt und die Gesellschaft profitieren von dieser Persönlichkeitsvielfalt. Es wäre interessant, im weiteren Verlauf Einblicke in weitere Diversity Dimensionen zu erlangen (Botthof, 2021).
Quelle: Eigene Darstellung
Was braucht es noch an Beweisen?
In einer internationalen Studie aus dem Jahr 2020 hat McKinsey Daten von über 1.000 Unternehmen verschiedener Branchen in 15 Ländern analysiert und kam zu der Erkenntnis, dass Diversity maßgeblich zum Unternehmenserfolg beiträgt. Wobei sich die besagte Studie nur auf Gender und ethnisch-kulturelle Diversität bezieht. So sind Unternehmen mit verschiedenen Vielfaltsdimensionen deutlich erfolgreicher und profitabler. Mit einer größeren Geschlechtervielfalt beispielsweise um 25 % oder mit einer großen Herkunftsvielfalt sogar um 36 %. Trotz dieser Vorteile fällt auf, dass etwa die Hälfte der beobachteten Unternehmen in puncto Diversity kaum entscheidenden Fortschritte gemacht oder sich sogar verschlechtert haben. (Dixon-Fyle et al., 2020).
Inklusion fängt schon zu Schulzeiten an
Diversity ist mehr als nur ein Trend. Diversity und Inklusion helfen in Unternehmen, eine angenehme Arbeitsumgebung frei von Vorurteilen und Diskriminierung zu schaffen und verbessern die Chancengleichheit. Während der Begriff Diversität eine Aufforderung ist, Menschen mit ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden anzuerkennen und zu respektieren, geht der Begriff Inklusion etwas weiter. Die Inklusion fordert eine Umgebung für Menschen mit Behinderungen zu schaffen, in die sie sich integrieren können (Tretter, 2021). Beispielsweise werden ein barrierefreier Zugang zum Arbeitsplatz geschaffen und eine behindertengerechte Arbeitsplatzausstattung bereitgestellt. Die Umgestaltung des Arbeitsplatzes im Zuge der Inklusion kann fast gänzlich durch die Integrationsämter gefördert werden und stellt somit geringe Mehrkosten dar (REHADAT-talentplus, 2021). Eigentlich eine gute Sache. In der Praxis haben deutsche Unternehmen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern jedoch großen Nachholbedarf hinsichtlich Diversity & Inklusion. Im Jahr 2019 gab es in Deutschland etwa 10,4 Millionen Menschen mit einer Behinderung, davon waren ungefähr 7,6 Millionen Menschen schwerbehindert. Eine Schwerbehinderung gilt in Deutschland ab einem Grad der Behinderung von mindestens 50 %. Von den insgesamt 10,4 Millionen Menschen waren etwa 4,9 Millionen in einem arbeitsfähigen Alter. Davon lag die Erwerbsquote bei Menschen mit Behinderung nur bei 57 %. Vergleicht man diese Zahl mit der Erwerbsquote von Menschen ohne Behinderung, ist diese mit 82 % deutlich höher (Statistisches Bundesamt, 2021). Die Ursachen hierfür können verschieden sein. Zum Beispiel werden Menschen mit Behinderung oft auf ihre Behinderung reduziert und die Arbeitgeber trauen ihnen weniger zu, obwohl sie meistens sogar bessere Qualifikationen vorweisen können (Rubarth, 2021). Bedauerlicherweise haben aber nicht alle von ihnen eine Ausbildung oder ein Studium absolviert, allein 16 % haben nicht einmal einen allgemeinen Schulabschluss. Dies kann ein Grund für die niedrige Erwerbsquote sein. Unter den Menschen ohne Behinderung haben etwa 4 % keinen allgemeinen Schulabschluss (Statistisches Bundesamt, 2021). Ob und welche Abschlüsse absolviert werden, hängt außerdem mit dem familiären Hintergrund zusammen. Denn Kinder von Akademikern erreichen, verglichen mit Kindern nicht-akademischer Herkunft häufiger die nächste Bildungsetappe, (Kirchherr et al., 2021).
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Kirchherr et al., 2021
Trotz Fortschritt bleibt der bereinigte Gender Pay Gap
Laut einer Umfrage von StepStone und der Handelsblatt Media Group sehen etwa die Hälfte der deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Thema Diversity als nicht vorhanden in ihrem Berufsalltag (Handelsblatt Media Group/StepStone, 2020). Ferner hat sich ergeben, dass etwa 52 % der befragten Frauen das Gefühl hatten, im Berufsalltag oder Bewerbungsverfahren aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert worden zu sein. Bei den Männern lag dieser Wert bei etwa 14 % (dbb beamtenbund und tarifunion, 2018). Dieses Gefühl oder diese Wahrnehmung spiegelt die Realität wider. Denn Frauen verdienen beispielsweise durchschnittlich etwa 18 % weniger als ihre männlichen Kollegen nach dem unbereinigten Gender Pay Gap. Nimmt man als Bewertungsmaßstab den bereinigten Gender Pay Gap, vergleicht also Frauen mit gleichwertiger oder ähnlicher Qualifikation und Beschäftigung, dann bekommen Frauen 6 % weniger Stundenlohn im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen. Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Angenommen, ein Mann verdient 25 € pro Stunde, so verdient seine Kollegin für gleichwertige Arbeit 23,50 €, denn 6 % von 25 € sind 1,50 €. Das würde heißen, die besagte Kollegin verdient in der Woche (40 Stunden) 60 € weniger. Im Monat 240 € weniger. Im Jahr 2.880 € weniger als ihr männlicher Kollege. Diese Verdienstunterschiede werden damit begründet, dass Frauen öfter schlecht bezahlten Beschäftigungen nachgehen und es kaum in Führungspositionen schaffen. Womöglich spielen allerdings noch andere Faktoren eine Rolle, die bisher nicht erfasst wurden (Statistisches Bundesamt, 2022). Bildungstechnisch haben Frauen zwischen 30 und 35 Jahren öfter einen höheren Schulabschluss wie das Abitur und auch öfter einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Das hat eine Umfrage aus dem Jahr 2018 ergeben (Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, 2020).
Darüber hinaus geben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an, auch aufgrund von Alter, Familienstand, Herkunft oder dem gesundheitlichen Zustand diskriminiert zu werden (dbb beamtenbund und tarifunion, 2018). Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit aus dem Jahr 2021 sind gerade einmal 13,7 % der Beschäftigten verschiedener Berufsgruppen nichtdeutscher Herkunft (Bundesagentur für Arbeit, 2022). Einen Anstieg gibt es bei dem Frauenanteil in den Vorständen der 100 größten Unternehmen in Deutschland. Ein 5-Jahresvergleich hat ergeben, dass der Wert aus dem Jahr 2021 bei 16,4 % lag und sich damit fast verdoppelt hat (DIW Berlin, 2022). Die Antwort auf die Frage, wie divers deutsche Unternehmen sind, ist aufgrund komplexer qualitativer sowie quantitativer Faktoren nicht einfach zu beantworten. Jedoch ist es möglich, mithilfe verschiedener Umfragen und Studien einige Eindrücke zu gewinnen (StepStone, 2022).
Bildungsabschlüsse in 2018 von 30-35-Jährigen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Statistisches Bundesamt, 2020
Zielerreichung durch Diversity Management
Viel einfacher, aber auch umfänglicher, ist die Antwort auf die Frage, welche Vorteile ein bewusster Umgang mit Vielfältigkeit bringt und warum sich Unternehmen aus der Komfortzone wagen sollten. Einer PwC-Studie aus dem Jahr 2019 zufolge sind Unternehmen mit einer hohen Diversität und einem Diversity Management attraktiver für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Fokus der Studie liegt hier auf der Immobilienbranche und der Diversity-Begriff umfasst verschiedene Vielfaltsdimensionen. Zusätzlich zu den üblichen Schwerpunkten wie Gender, Herkunft, Alter und sexuelle Orientierung spielen der Familienstand, die Ausbildung, das Mindset und auch die Persönlichkeit eine Rolle. Nach der Studie liegt die Zufriedenheit der Beschäftigten bei etwa 72 % in einer diversen Unternehmenskultur, in der Offenheit und Toleranz gelebt und allen Beschäftigten die gleichen Chancen geboten werden. In Unternehmen mit wenig Diversity liegt die Zufriedenheit bei nur 37 %. Wieso sollte man die Zufriedenheit unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht unterschätzen? In einer respektvollen und offenen Umgebung können Beschäftigte ihre Potenziale voll entfalten, veraltetes Wissen durch innovative Ideen austauschen und das Unternehmen nach vorne bringen. Ferner erhöhen zufriedene Beschäftigte auch die Kundenzufriedenheit. All diese Punkte greifen ineinander und sind Teil eines etablierten Diversity Managements, welches folglich zu einer höheren Profitabilität und einem höherem Wachstum der Unternehmen beiträgt (Arndt et al., 2019).
Der Druck auf die Unternehmen, eine vielfältige Unternehmenskultur zu etablieren, wächst insbesondere auch, weil jüngere Generationen mehr Wert auf eine gelebte Vielfalt in Unternehmen legen. So sollte das Diversity Management aus der Perspektive des Employer Branding nicht außer Acht gelassen werden, um die Zukunft der Unternehmen infolge des demografischen Wandels zu sichern, aber auch um ein generationsübergreifendes Arbeiten zu ermöglichen (Arndt et al., 2019). Damit ein erfolgreiches Diversity Management erzielt werden kann, ist es wichtig, die Führungsebene zu sensibilisieren, um danach systematisch Ziele für das Unternehmen festzulegen, den Ist-Zustand zu analysieren und einen Plan für die Umsetzung zu erstellen. Denn die Strategie des Diversity Managements steht im unmittelbaren Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Zielen der Unternehmen. Es ist noch anzumerken, dass die Diversity-Strategie ein dynamischer Prozess ist, der immer wieder evaluiert und optimiert werden muss.(Charta der Vielfalt, o. J.).
Unabhängig von den strategischen und wirtschaftlichen Zielen, wenn man sein Blickfeld erweitert und mehr als nur Zahlen betrachtet, steht Diversity vor allem für fundamentale Werte wie Anerkennung, Toleranz, Respekt und Fairness, die jedem Menschen zustehen.