Jetzt starten, statt auf die Zukunft zu warten
Spätestens seit Pokemon Go ist Mixed Reality (auch Augmented Reality) den meisten Menschen ein Begriff. Schnell stellt sich da die Frage: beschränkt sich der Nutzen dieser Technik auf Spielereien oder lassen sich damit Geschäftsmodelle revolutionieren und vielleicht ganz neue Anwendungsfelder erschließen? Es folgt ein Einblick in aktuelle Anwendungsszenarien für Augmented Mixed Reality. Darüberhinaus werden wir das Potential der Technik und ihrer widererwarten schnellen Implementierung erläutern.
Was ist Mixed Reality?
Mixed, oder Augmented, Reality beschreibt die technische Erweiterung der Umwelt durch künstliche Inhalte. Am Beispiel von Pokemon Go waren dies offensichtlich die in dem Kamerabild des Smartphones dargestellte Monster – jedoch nicht ausschließlich. Es wurden außerdem bestimmte Orte zu Hotspots dieser halb-virtuellen Welt ernannt.
Neben den Anwendungen für Smartphones (Handheld Devices) gibt es auch die Klasse der Head Mounted Displays. Der bekannteste Vertreter ist die Microsoft HoloLens. Wir werden noch weitere Vertreter beider Geräteklassen – und deren Potenziale – vorstellen.
Welche Anwendungsfelder für Mixed Reality gibt es bereits?
Handheld Devices
Auf der einen Seite kann die Mixed Reality wie bereits erwähnt auf Smartphones und Tablets Anwendung finden. Zwei sehr bekannte Marken nutzen Mixed Reality in ihren Mobilen Anwendungen mit enormem Potential. IKEA bietet eine App an, mit der Kunden Möbel vor dem Kauf bereits in ihrer heimischen Wohnung sehen können. IKEAs Augmented Reality App nutzt dazu Smartphones oder Tablets im Zusammenspiel mit einem IKEA Katalog. Mit der Kamera des Geräts wird die Umgebung auf dem Display dargestellt. Der Nutzer kann dann den Katalog an eine Stelle im Raum legen und in der App einstellen welches Möbelstück darüber erscheinen soll. So kann der Nutzer den Raum, um einen virtuellen Gegenstand erweitert, betrachten. Dabei können die Möbel aus jeder Richtung betrachtet werden. Desweiteren ist es möglich den Raum samt erweiterten Gegenständen zu auf Bildern festzuhalten.
Ein weiteres Beispiel ist die mobile Google Translate App . Diese bietet die Möglichkeiten mit dem Handy oder Tablet Texte zu übersetzen. Neben der Texteingabe ist es dabei auch möglich, mit der Kamera Schrift zu erfassen. Diese wird von der App selbstständig erkannt und direkt in dem angezeigten Kamerabild übersetzt. Neben der “live”-Übersetzung ist es auch möglich in der App Fotos zu machen. Auf den Bildern werden erkannte Texte hervorgehoben. Es können dann einzelne Textstellen zur Übersetzung ausgewählt werden, wobei dann neben dem Bild die Übersetzung angezeigt wird. Außerdem können ausgewählte Textabschnitte aus einem Bild als Eingabe für die klassische Übersetzung genutzt werden.
Head Mounted Displays
Auf der anderen Seite kann die Mixed Reality mit Hilfe von Linsen und Brillen verwirklicht werden. Zwei Unternehmen, welche Head Mounted Displayszur Darstellung der Mixed Reality nutzen, sind DHL und Volvo .
Der erste Case findet sich in riesigen Hallen voller Regale: Lagerhaltung und Versandt. DHL und Ubimax testen Mixed Reality in diesem Kontext. Eine Anwendung, welche in der Produktion genutzt wird ist xPick. Die von Ubimax entwickelte Anwendung ermöglicht Lagerverwaltung mittels Augmented Reality, genutzt werden kann sie zum Beispiel auf der Google Glass Brille. Die Brille weiß dabei, welcher Arbeiter sie trägt. Zweck der Anwendung ist es, den Papieraufwand in der Lagerhaltung zu reduzieren und einen höheren Durchsatz an Paketen zu schaffen. Der Träger wird dabei von der AR Brille zu den Regalen mit den benötigten Paketen geführt. Dort angekommen wird ihm genau das Fach markiert, in welchem er das Paket findet. Die Erkennung der Pakete funktioniert dabei mittels Barcodes. Außerdem kann die Anwendung dem Träger auch sagen, an welche Stelle in einem Paketwagen ein Paket einsortiert werden muss, damit die spätere Weiterverarbeitung möglichst zugig stattfinden kann. Die Anwendung der Software ist dabei nicht auf die Google Glass beschränkt, Ubimax bietet eine Vielzahl an weiterer Augmented Reality Hardware an.
Die zweite bereits erwähnte Anwendung findet sich in einer sehr konservativen Branche: Der Autoindustrie. Volvo arbeitet in unterschiedlichen Bereichen mit der HoloLens. Zum einen wird die Brille zur Präsentation der Autos gegenüber potentiellen Käufern verwendet. Ein interessierter Kunde bekommt dabei eine HoloLens Brille aufgesetzt anstatt, dass er sich auf klassischem Wege die Autos ansieht. Dabei wird nicht nur das Auto selbst im Raum in Originalgröße dargestellt, sondern es können auch spezielle Teile dargestellt werden. Zum Beispiel kann der Antriebsstrang des Autos und dessen Technik präsentiert werden ohne dass mehrere physische Versionen der Fertigung zur Präsentation aufgestellt werden müssen. Dazu sind gewünschte Anpassungen des Kunden sofort darstellbar. Das Fahrzeug kann in der Konfiguration und Farbe verändert werden, wobei der Kunde sich sofort die Änderungen ansehen kann. Neben den Möglichkeiten der Konfiguration können auch Software-Features der Autos präsentiert werden. So kann im Raum eine Straße mit einer Gefahrensituation dargestellt werden. Anhand dessen wird veranschaulicht, was das Auto mittels seiner Sensoren sieht und wie es selbstständig Gefahren erkennt und diese abwenden kann. Besonders dabei ist es von Vorteil, die gesamte Situation virtuell vorführen zu können. Außer im Verkauf wird die die Technik noch in der Fertigung genutzt. Dabei wird der typische Fließbandarbeitsplatz um eine HoloLens erweitert, welche Informationen zu den Teilen und nächsten Fertigungsschritten anzeigt. Besonders im Luxus-Segment der Autobranche wird die Fertigung dadurch vereinfacht, da jedes Auto individuell zusammengesetzt wird. Ein großer Vorteil einer Augmented Reality Lösung gegenüber einer Virtual Reality Brille ist, dass man in keiner Weise durch die Brille eingeschränkt wird.
Welches Potential versteckt sich hinter dieser Technologie?
In den vergangenen Abschnitt haben wir einige spannende Aspekte von von Mixed Reality kennengelernt, doch war das nun alles? Nein, es gibt noch viele weitere denkbare
Anwendungsszenarien. So gibt es weitere bereits erschlossene Anwendungsfelder. Beispielsweise bei technischen Wartungsarbeiten, in der Weltraumforschung und zur Unterstützung bei Operationen, kann Mixed Reality angewandt werden. Außerdem gibt es noch viele weitere denkbare Nutzungsszenarien, zum Beispiel im Bereich der Marktforschung, Recruiting und der Markenentwicklung.
Wie aufwendig ist die Entwicklung?
Für die Leute, die sich für eigene Entwicklung interessieren, könnte darüber hinaus noch interessant sein, dass die Entwicklung dieser Anwendungen keineswegs Jahre dauert, wie man vielleicht erwarten könnte. Smartphone Anwendungen wurden teilweise bereits in wenigen Wochen von Studenten Teams neben dem Studium umsetzen. Der Vorteil von Smartphone Anwendungen liegt darin, dass die benötigte Technik bei jedem bereits vorhanden ist. Dadurch lassen sich diese Anwendungen besonders leicht an den Nutzer bringen. Neben dem Hauspsystem (Android SDK samt AndroidStudio) wird meistens noch das Vuforia-Framework benötigt, dieses ermöglicht die Wiedererkennung von Fixpunkten im Raum, beispielsweise anhand von Mustererkennung. Als eine weitere Möglichkeit sei noch Wikitude genannt, was ebenfalls einige benötigte Grundfunktionalitäten für Mixed Reality bereitstellt. Die Entwicklung von Anwendungen für Head Mounted Displays ist dabei nur geringfügig aufwendiger. Man könnte vermuten, dass die Kosten für die Hardware als Student ein Ausschlusskriterium sind, um in diesem Bereich Erfahrung zu sammeln. Dies ist jedoch keinesfalls so, die entsprechende Hardware lässt sich komplett emulieren. Über die Microsofts Mixed Reality Platform lässt sich komplett ohne eigene Hardware entwickeln. Dabei stellt Microsoft sämtliche
Werkzeuge, die zum entwickeln benötigt werden, bereit. Es wird eine aktuelle Version von Visual Studio, Unity, sowie ebenfalls das Vuforia-Framework benötigt. Außerdem lässt sich der Emulator für eine HoloLens Brille auf der eigenen Maschine ausführen. Die Entwicklung von Mixed Reality Inhalten läuft dabei ähnlich ab wie die Entwicklung von klassischen 3D Inhalten. Szenen werden in Unity designed und Programmlogik wird in C# geschrieben.
Fazit
Auf den letzten Seiten haben wir unterschiedliche Anwendungsfälle für Mxied Reality anhand konkreter Beispiele kennengelernt. Dabei haben wir gesehen, dass von der Verwendung in Sales Präsentationen, über die Verbesserung interner Arbeitsabläufe sowohl in der Autoindustrie als auch im Versandhandel, bis hin zu Endkunden-Anwendungen alles möglich ist. Einige von diesen Beispielen waren dabei bekannter als andere, keines hat es bisher in den Medien der breiten Maße große Wellen geschlagen geschafft. Warum das so ist, lässt sich leicht beantworten: Weil diese Anwendungen für viele noch die Zukunft zu sein scheinen. Jedoch lässt sich diese Zukunft heute bereits erleben, und vor allem Weiterentwickeln.
Weitere ausführliche Artikel über Anwendungsmöglichkeiten und Potentiale von Mixed, Augmented und Virtual Reality finden sich hier beispielsweise https://home.kpmg.com/de/de/home/themen/2016/04/neue-dimensionen-der-realitaet.html.