Nutzungsintensivierung bei Kontaktlosen Bezahlmöglichkeiten
Bei der Kartennutzung in der Zahlungsabwicklung am stationären Point of Sale (POS) lag der deutsche Konsument in der Vergangenheit im europäischen Vergleich und besonders gegenüber den skandinavischen Ländern in der Nutzungsquote weit zurück. Seit dem Beginn der Corona-Pandemie im Januar 2020 hat sich der kartengestützte Umsatz in Deutschland jedoch maßgeblich verändert.
Veränderungen Konsumverhalten während der Corona-Pandemie
Aufgrund von Geschäftsschließungen im Rahmen des „Lockdowns“ und weiterer Corona-Präventionsmaßnahmen wurde nicht nur ein Teil des Konsums in den E-Commerce verlagert, vielmehr hat sich das stationäre Konsumverhalten auch grundlegend verändert. So wurden stationär insgesamt weniger einzelne Einkäufe aufgrund des Infektionsrisiko vom deutschen Konsumenten durchgeführt. Dennoch wurden häufig speziell nach dem „Lockdown“ eine wesentlich größere Anzahl von Waren bei einzelnen Einkäufen erworben und damit fielen die Umsätze im stationären Einzelhandel wesentlich höher aus als in den Jahren vor der Pandemie.
Deutschland: Zahlung mit Bargeld rückläufig? Kartenzahlung sorgt für mehr Hygiene bei Zahlungsabwicklung
Besonders deutlich wurde auch die Veränderungen bei den Umsatzanteilen der unterschiedlichen Zahlungsarten in Deutschland. Viele Konsumenten vermieden die Zahlung mit Bargeld, da durch Medien- und Kommunikationsdienste die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dem Risiko der Kontaktinfektion durch COVID-19 an die Bevölkerung vermittelt wurde. Außerdem forderte der Einzelhandel seine Kunden eigenständig auf ihren Einkauf mit der Karte zu bezahlen und so die Einkaufszeiten, sowie die Kontaktzeiten mit dem Einzelhandelsmitarbeiter zu minimieren. Mit dem Ergebnis, dass sich der Kassen-Checkout erheblich beschleunigt hat und gleichzeitig, das Infektionsrisiko für Mitarbeiter und Kunden reduziert werden konnte. Das deutsche Einzelhandelsinstitut EHI bestätigt diese Entwicklung in Ihrer Studie „Zahlungssysteme im Einzelhandel 2021“. Im Jahr 2020 wurde via Karte ein Großteil des Einzelhandelsumsatzes mit 56,3 Prozent bezahlt und dagegen nur noch 40,9 Prozent via Bargeld umgesetzt. (EHI Retail Institute)
Kontaktloses Bezahlen und Digitale Wallets sorgen für Nutzungsintensivierung
Insbesondere das kontaktlose Bezahlen bei dem der Nutzer durch die Technologie der Near Field Communication (NFC) die Zahlung ohne Berührung des POS-Terminals durchführen kann, hat für die Kartennutzung einen besonders hohen Stellenwert. Dadurch, dass bei der kontaktlosen Abwicklung eine Zahlung ohne die Eingabe einer PIN und durch einfaches Aufhalten der jeweilige Karte erfolgen kann, werden Nutzungsbarrieren bei der Kartenzahlung abgeschafft und gleichzeitig das Nutzerbedürfnis nach Bequemlichkeit erfüllt. Der Nutzer kann mit seiner priorisierten Karte unabhängig davon, ob Debit- oder Kreditkarte, seine Zahlung abwickeln oder auch zu Digital Wallets auf dem mobilen Endgeräten hinzufügen. Digital Wallets ermöglichen Nutzern die elektronische Zahlung von Waren und Dienstleistung durch bereits digitalisierte Kartenkörper der Debit- oder Kreditkarte und sorgen für einen enormen Aufschwung bei den kontaktlosen Umsätzen, da einfach via Smartphone, Smartwatch oder Tablet bezahlt werden kann.
Quelle: EHI Retail Institute
State of the Art: Mobiles Bezahlen mit Wearables während der Corona-Pandemie
Quelle: Deutsche Bundesbank
Im Kontext der Corona-Pandemie spielt das kontaktlose Bezahlen mit seiner NFC-Technologie eine wesentliche Rolle. Durch die einfache und unkomplizierte Anwendung greifen Konsumenten, die vorher vermehrt Bargeld genutzt haben, erstmalig zur Kartenzahlung und führen die Kartennutzung auch zukünftig fort. Selbst bei der herkömmlichen Kartenzahlung besteht mit der Berührung des Kartenterminals für beispielsweise eine PIN-Eingabe das Risiko einer Kontaktinfektion. Dieses Infektionsrisiko für den Konsumenten kann maßgeblich durch die kontaktlose Abwicklung reduziert werden. Aus diesem Grund haben renommierte Kreditkartengesellschaften, wie MasterCard oder VISA das Kontaktlos-Limit von 25 € auf 50 € bereits zum Anfang der Corona-Pandemie angepasst. (MasterCard)
Auch die Deutsche Bundesbank verstärkt in der Studie „Zahlungsverhalten in Deutschland 2020 – Bezahlen im Jahr der Corona-Pandemie“, dass das mobile Bezahlen mittels Wearables, wie Smartphone & Co., während der Corona-Pandemie deutlich zugenommen hat. So werden Zahlungen im Geschäft von bereits fast einen Viertel des jüngeren Kundensegments, der 18- bis 34-jährigen mit ihrem mobilen Endgerät durchgeführt und auch ältere Kundensegmente sind einer mobilen Bezahlung seit der Corona-Pandemie immer aufgeschlossener als noch die Jahre zuvor. (Deutsche Bundesbank)
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Kartennutzung und damit auch die kartengestützen Umsätze im Einzelhandel seit der Corona-Pandemie um 798 Mio. € zugenommen haben. Damit wurden bereits im ersten Pandemie-Jahr 2020 knapp 6 Mrd. Transaktionen mit der Karte am stationären POS abgewickelt. Dagegen die Barzahlung in Deutschland verminderte sich im gleichen Verhältnis bei ihrer Nutzung. Auch in den kommenden Jahren wird es sehr interessant sein, inwieweit sich das Verhältnis von Kartenzahlung zu Bargeldzahlung durch die individuelle Nutzung des Konsumenten und der Positionierung des Einzelhandels verändern wird, sowie sich die Kartennutzung allgemein intensiveren wird oder durch neue Technologien im Payment-Bereich womöglich abgelöst werden kann. (SparkassenZeitung oder S-Payment GmbH)
Nadine Ladnar
Nadine Ladnar, M.Sc.: Arbeitet hauptberuflich als Supply Chain Performance Manager in der chemischen Industrie und ist als Beraterin bei Heinrich Heine Consulting e.V. tätig. Daneben ist sie als freiberufliche Dozentin an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Düsseldorf sowie als Research Fellow am isf Institute for Strategic Finance tätig. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Corporate Finance, digitale Transformation und Nachhaltigkeit.
Marc Herbrand
Marc Herbrand, B.A.: Arbeitet hauptberuflich als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität zu Köln und ist als Berater bei Heinrich Heine Consulting e.V. tätig. Daneben ist er als Master-Student an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Düsseldorf eingeschrieben und studiert Business Consulting und Digital Management. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Finanzwirtschaft, Digitalisierung im Bankensektor, sowie Kapitalmarkttheorie und Portfoliomanagement.